Chinesische Herkunft der Statue enthüllt

Nicht nur die meisten Souvenirs, die in Venedig verkauft werden kommen aus China. Auch der majestätische Löwe, der auf einer der Säulen über der berühmten Piazzetta San Marco in Venedig thront, hat eine überraschende Geschichte. Laut neuesten Forschungen stammt die Bronzestatue nicht aus Europa, sondern aus China. Fachleute der Universitäten Padua und Venedig haben anhand einer Isotopenanalyse nachgewiesen, dass das Erz, aus dem der Löwe gegossen wurde, vom Unterlauf des Jangtse-Flusses in China stammt. Stilistische Merkmale deuten zudem auf die Tang-Dynastie (609–907 n. Chr.) hin. Nun wurde also die Chinesische Herkunft der Statue enthüllt.

Chinesische Herkunft der Statue enthüllt

Bisher war die Herkunft der Statue umstritten. Viele Wissenschaftler vermuteten, dass sie in vorchristlicher Zeit in Anatolien gefertigt wurde, da einige Stilmerkmale auf einen hellenistischen Ursprung hindeuteten. Nun jedoch scheinen diese Annahmen widerlegt zu sein. Die Statue weist deutliche Ähnlichkeiten mit einer chinesischen Grabwächterfigur, dem sogenannten Zhènmùshòu, auf, wie das Forscherteam auf einer Konferenz im September 2024 in Venedig bekannt gab.

Veränderungen im Laufe der Zeit

Obwohl die Statue ursprünglich in China gefertigt wurde, wurde sie nach ihrer Ankunft in Venedig modifiziert. An einigen Stellen, so die Experten, wurden Anpassungen vorgenommen, um die Figur mehr einem Löwen ähneln zu lassen. So hatte die Skulptur wohl ursprünglich Hörner und spitzere Ohren. Diese wurden vermutlich entfernt, um dem venezianischen Bild eines Löwen besser zu entsprechen.

Der Weg nach Venedig

Laut historischen Quellen gelangte die Statue im 13. Jahrhundert nach Venedig. Der Transport erfolgte offenbar in Einzelteilen, die in der Lagunenstadt wieder zusammengesetzt wurden. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Statue mehrfach restauriert, was ihren asiatischen Ursprung weiter verschleierte. So wurden etwa die Flügel der Figur im 19. Jahrhundert erneuert. Dabei nutzte man das Metall der ursprünglichen Flügel erneut.

Der chemische Fingerabdruck aus China

Die Entdeckung des chinesischen Ursprungs basiert auf der Analyse der Isotopensignatur des Materials, einem chemischen Fingerabdruck, der die Herkunft des Erzes genau bestimmt. Massimo Vidale, Archäologe an der Universität Padua, erklärte gegenüber dem Magazin Veneziatoday, dass stilistische Vergleiche oft unzuverlässig seien. Die Isotopenanalyse liefere hingegen nahezu eindeutige Ergebnisse. Der fernöstliche Ursprung der Statue gilt damit als „sehr, sehr wahrscheinlich“.

Ein Rätsel der Geschichte

Eine der größten Fragen bleibt, wie die Statue überhaupt nach Venedig gelangte. Marco Polo, der wohl bekannteste Chinareisende der Stadt, scheidet als möglicher Importeur aus. Als er 1295 von seinen Reisen zurückkehrte, stand die Statue bereits auf der Säule. Es ist jedoch denkbar, dass die Skulptur während der ersten Reise seines Vaters Nicolò und seines Onkels Maffeo zwischen 1264 und 1266 nach Venedig gebracht wurde. Beide hatten damals den mongolischen Hof in Peking besucht, wo sie die Skulptur möglicherweise erhalten haben.

Seltene chinesische Kunst

Nur wenige der großen Zhènmùshòu-Statuen aus der Tang-Dynastie haben die wechselvollen politischen Verhältnisse in China überstanden. Die meisten dieser beeindruckenden Figuren wurden eingeschmolzen oder zerstört, was den Fund in Venedig umso bemerkenswerter macht. Vergleichbare Stücke sind extrem selten und schwer zu finden.

Symbol der Macht Venedigs

Obwohl die Statue ursprünglich ein chinesisches Kunstwerk ist, wurde sie in Venedig zum Symbol der Stadt und ihres Schutzheiligen Markus. Der geflügelte Löwe, der in zahlreichen Wappen und Abbildungen der Stadt erscheint, wurde im 13. Jahrhundert als Zeichen der militärischen Stärke und des Herrschaftsanspruchs Venedigs gewählt. Machtpolitische Überlegungen dürften bei der Wahl dieses Symbols eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Die Entdeckung der wahren Herkunft des Löwen von San Marco eröffnet nicht nur neue Perspektiven auf die Verbindungen zwischen Venedig und dem Fernen Osten, sondern beleuchtet auch die kulturelle und politische Bedeutung von Kunst in der Geschichte der Stadt.

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