Die Regierung in Rom hat dem Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia (ASPI) ein Ultimatum gestellt. Bis Sonntag muss die Gesellschaft einen Vorschlag unterbreiten, der für den Staat und die Bürger und Bürgerinnen „attraktiv“ sei, ansonsten werde die Regierung ASPI die Konzession für den Betrieb eines 3.500 Kilometer umfassenden Autobahnnetzes in Italien entziehen.
Die Betreibergesellschaft unter der Führung der Benetton-Familie ist seit dem Einsturz der Brücke in Genua mit 43 Todesopfern im August 2018 stark unter Druck geraten. ASPI wird Fahrlässigkeit bei der Instandhaltung des Autobahnnetzes vorgeworfen. Die italienische Regierung fordert jetzt eine Senkung der Maut, mehr Investitionen in das Autobahnnetz sowie eine intensivere Instandhaltung und mehr Kontrollen.
Sollte bis Sonntag kein für den Staat „attraktiver Vorschlag“ eintreffen, werde die Regierung ASPI die noch 18 Jahre laufende Autobahnkonzession entziehen, berichtete das Verkehrsministerium in Rom.
Regierung uneinig
Die Regierung ist gespalten. Die Fünf-Sterne-Bewegung, stärkste Partei in Italiens Regierungskoalition, will ASPI die Autobahnkonzession entziehen. Die mitregierenden Sozialdemokraten sind dagegen. Der Beschluss ist für die Regierung von Premier Giuseppe Conte besonders heikel und wird seit Monaten hinausgeschoben.
Wegen des Streits hat die Aktie der italienischen Infrastrukturholding Atlantia, Mutterkonzern von ASPI, an der Mailänder Börse schwere Kurseinbrüche hinnehmen müssen. Nach einem Kursverlust von 9,3 Prozent musste das Papier der Holding unter Kontrolle der Unternehmerfamilie Benetton gestern vorübergehend vom Handel ausgesetzt werden. Atlantia hält eine 88-Prozent-Mehrheit an ASPI.
Anfang August soll das neue Viadukt eingeweiht werden, das die eingestürzte Morandi-Brücke ersetzt. Das neue Bauwerk hat der aus Genua stammende Stararchitekt Renzo Piano entworfen. Ein Datum für die Eröffnung des Viadukts steht noch nicht fest. ASPI solle die Brücke verwalten, bis die italienische Regierung über die Autobahnkonzession entscheide, sagte Verkehrsministerin Paola De Micheli. Das löste heftigen Protest aus. Vor allem die Familienangehörigen der Todesopfer der Morandi-Brücke wehren sich dagegen, dass ASPI die neue Brücke betreibt.