Die Forderungen liegen bei mehreren Hundert Euro. Das Vorgehen habe keine rechtliche Grundlage, sagt der Mobilitätsclub. Die Vergehen liegen oft viele Jahre zurück.
In den vergangenen Wochen haben zahlreiche Österreicher Mahnschreiben einer italienischen Anwaltskanzlei erhalten. Sie werden aufgefordert, bis zu 300 Euro zu bezahlen. Als „Beweis“ wird ein Vorhalteprotokoll mit dem Vorwurf des unerlaubten Befahrens einer Fußgängerzone mitgeschickt. Der ÖAMTC spricht von einem Vorgehen ohne rechtliche Grundlage. Das Vergehen liegt oft Jahre zurück, die Betroffenen haben zuvor keinen Strafbescheid der italienischen Behörde erhalten.
„Selbstverständlich müssen gerechtfertigte Strafen bezahlt werden, wenn auch die Verfahrensregeln eingehalten worden sind“, betonte ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried. „In den uns geschilderten Fällen geben die Mitglieder jedoch an, nie einen Strafbescheid der italienischen Behörde erhalten zu haben, die Forderungen sind oftmals verjährt.“ Von einer Verkehrsübertretung muss man jedoch rechtlich korrekt und vor allem rechtzeitig über den Behördenweg informiert werden. „Die Anwaltskanzlei ist für die grenzüberschreitende Eintreibung einer öffentlich-rechtlichen Strafe nach EU-Recht nicht zuständig – auch, wenn sie sich auf eine Beauftragung durch italienische Kommunen beruft“, betonte der Experte.
Frist abgelaufen
Innerhalb der EU ist bei solchen Fällen mit Auslandsbezug eine Vollstreckung über den Heimatstaat des Beschuldigten auf Ersuchen jenes Staates vorgesehen, auf dessen Gebiet die Übertretung begangen wurde. „Für die Eintreibung von Strafen gilt bei Ausländern außerdem eine 360-Tage-Frist ab Feststellung der Übertretung. Innerhalb der Frist muss das Schriftstück von der Behörde dem Zustelldienst übergeben werden“, erklärte Authried.
Der Mobilitätsclub hat die Anwaltskanzlei bereits schriftlich aufgefordert, die Vorgehensweise einzustellen. „Wenn es bei den rechtlich nicht zulässigen Forderungsschreiben an unsere Mitglieder bleibt, wird der ÖAMTC weitere Schritte setzen“, kündigte der Jurist an.
Mittlerweile ist in allen EU-Staaten die gegenseitige Vollstreckung von Verkehrsstrafen (als öffentlich-rechtliche Forderungen) möglich, auch mit manchen Drittstaaten wie etwa der Schweiz. Aber: Die ausländische Behörde muss die österreichische um Einhebung ersuchen – eine Geltendmachung über Anwaltskanzleien oder auch Inkassobüros ist unzulässig.
„Davon zu unterscheiden sind sogenannte zivilrechtliche Forderungen, unter die in der Regel auch Maut- und Parkgebühren fallen – für deren Vollstreckung sind die Gerichte zuständig, und sie können sehr wohl über Inkassobüros, Anwalt oder eben Gerichte geltend gemacht werden“, erklärte Authried
Text: derstandard.at